Mit 23 km/h zur Wahlparty in die deutsche Botschaft nach Duschanbe

Die Fahrt von Korogh nach Dushanbe ist sehr anstrengend. Am ersten Tag legen wir 210 km in 10 Stunden zurück. Es ist haarsträubend. Immer wieder 20 Meter Teerstrasse, dann ein 30cm tiefes Schlagloch, dann Schotterpiste mit Schlaglöchern, 100 m Teerbelag, dann eine scharfe Abbruchkante, zurück auf den Schotter ... es nimmt kein Ende. Irgendwie hatten wir uns eingebildet, dass die Strasse ja nach Dushanbe gut sein müsse. So ist das manchmal mit der Einbildung. Landschaftlich einmal mehr sehr reizvoll. Anfangs begleiten uns noch ein paar gletscherbedeckte, steile Berge. Die verschwinden peu a peu, ebenso wie die Nadel vom Höhenmesser langsam unter die 3000 Meter Marke fällt.

Um 5 Uhr am Nachmittag halst uns ein Lastwagenfahrer eine japanische Touristin auf, die er mitgenommen hat und realisierte, dass er es nicht vor 10 Uhr zu einem Homestay schafft. Haben wir halt mal wieder Taxi gespielt - aber immerhin auch 2 sehr leckere Äpfel und 4 Birnen dafür bekommen.

Die Japanerin setzen wir um 8 in Qualaikhumb ab. Dabei stellen ein paar Schweizer am Strassenrand mal wieder entrüstet fest, dass die Deutschen ja nicht nur Zürich besetzten, sondern auch noch mit guten schweizer Nummernschildern durch die Gegend fahren. (Das nächste Mal, hab ich aber eine Antwort parat!).

Wir pennen dann zu meinem Entsetzen direkt am Strassenrand. Ich kann aber nix bruddeln, weil der Martin ja 180 km gefahren ist und ich nur 30... Puuuh, links, 200m über den Fluss Afghanistan und rechts donnern bis spät in die Nacht chinesische Laster vorbei. Und Vollmond ist auch noch. Kein Busch, kein grosser Stein... wo soll ich nur meine Morgentoilette machen?

Das ist auch der Grund, weshalb ich mich am nächsten Morgen um 6 aus dem Schlafsack rolle. Um 10 Nach sechs kommen die ersten Hirten mit Kühe und Schafen vorbei. Und um 7 Uhr sind wir wieder "on the road". Morgenstund hat Gold im Mund, denke ich mir und setze mich beherzt hinters Steuer. Und dann ... ein Traumstrasse. Glatter, schwarzer Teer. Ohne Kiesel, ohne Schlaglöcher. Prädestiniert zum Rollschuhlaufen. Wir geniessen die Stille der Strasse, nix ruckelt. Wir wussten nicht, wie schön solche Strassen sind. Fast unheimlich. Fast 2 Stunden und dann donner ich bei Abbruch der Teerstrasse gegen den ersten (und anscheinend einzigen) grossen Stein auf der 6 m breiten Sandpiste. Ich könnt echt heulen. Die Bodenwanne isch jetzt vollends hee. Der Einstein ist kurz genervt, ich total gegeknickt und nach 10 Minuten startet er ein erfolgreiches Aufmuntersmanöver - und bietet mir an, weiter zu fahren. Ich nehme dankend an. Isch wohl echt net mein Ding, das Autofahren (also Porsche auf deutschen Autobahnen und schweizer Alpenpässen schon, aber das tadschikische Offroadgeruckel...).

Die Strasse nach Dushanbe ist teilweise ganz schlimm und teilweise supergut und früher als erwartet, um 5, sind wir in Dushanbe. Ich kaufe innert 10 Minuten (!) ein paar Schuhe und eine Bluse. Wir sind zur Wahlparty in der deutschen Botschaft eingeladen. Trotzdem kommen wir eine halbe Stunde zu spät dort an und alle Tische, auf denen das gute deutsche Brot und Käse und Nudelsalat steht sind besetzt. Martin kennt da ja nix, aber die deutschen Entwicklungshelfer auch nicht... es ist alles ruckzuck weggefuttert und wir begnügen uns mit Wein und Bier und 2 Scheiben Brot und 5 Stück Käse. Weil die Entwicklungshelfer zudem ein eingeschworenes Grüppchen ist, unterhalten wir zwei uns gegenseitig, schauen unserer Kanzlerin beim Jubeln zu und sinnieren über das Leben. Nach der Party kaufen wir noch einen Döner und kehren dann in das total überteuerte und abgeratzte Guesthouse zurück. 36 Dollar für 2 Betten in Form einer Hängematte, ein Gemeinschaftsklo in dem die Spülung nicht funktioniert und speckige und zu kleine Bettlacken. Wir sehnen uns in unsere gemütliche Schlafstatt ins Auto... 

Siedlung in Afghanistan
Siedlung in Afghanistan
Wahlparty deutsche Botschaft, Dushanbe
Wahlparty deutsche Botschaft, Dushanbe

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Kommentare: 2
  • #1

    Birke (Mittwoch, 25 September 2013 16:01)

    Na das nenn ich aber einen politisch interessierten Staatsbürger, wenn Ihr Euch sogar so weit weg - physisch und mental - noch die warmen Worte unserer Bundeskanzlerin anhört

  • #2

    katinkaintheworld (Mittwoch, 25 September 2013 16:10)

    Hallo liebe Birke, ja wir dachten, wenn wir schon verpasst haben, rechtzeitig Briefwahl zu beantragen, dann machen wir wenigestens Wahlparty ;-). Und die warmen Worte der Kanzlerin ... räusper, räusper....