"Als ob mir jemand Wasser ueber den Kopf gegossen haette"

Fuer mich ist das hier der schoenste Teil der von Burma. Obwohl es unbeschreiblich heiss und feucht ist, gefaellt es mir ausserordentlich gut hier im Suedwesten von Burma.

 

Hpa-an ist ein kleines geschaeftiges und doch irgendwie langsames Staedtchen. Ich hatte einen Lieblings-"Good place to have breakfast". Dort habe ich mir immer eine Tasse Nescafe und eine Tasse heisse Milch bestellt und mir dann selbst Milchcafe gemacht. Und obwohl ich das drei Tage lang gemacht hab und ihnen das auch mal erklaert hatte, habe ich ihnen nicht erklaeren koennen, dass sie mir das auch direkt mischen duerfen. Dazu gabs immer feines Gebaeck... irgendwie schaff ich's noch nicht Nudelsuppe oder Reis zum Fruehstueck zu essen, obwohl das auch fein aussah. Es gibt in Hpa-an nicht viel zu sehn. Wahrscheinlich gefaellts mir deshalb so gut. Aber es gibt einen idyllischen See und ein schoenes Flussufer. Vor allem abends ist es da wirklich nett, wenn die Leute die Waren vom anderen Ufer an Land bringen oder sich oder ihre Kleider waschen. Besonders gern schlender ich nach Einbruch der Dunkelheit durch die Gassen. Ich spiecke in die Haeuser und in manchen sieht es auch so behaglich aus, wie sie da am Boden sitzen, vor den niederen Tischen und Fernseh gucken oder essen oder nur reden. Alle 30m gruesst mich dann jemand "Mingalaba, where are you from". Die Kinde sitzen auf dem Boden vor den Haeusern und spielen Karten. Oft springen sie dann auf wenn sie mich sehen und rufen "Hello" und wollen mich anfassen. Die Landschaft hier ist bezaubernd. Reisfelder, Fluesse, Palmen, dazwischen natuerlich viele Pagoden und vor allem viele Karstfelsen.

 

Vorgestern bin ich auf den 723 m hohen Mount Zwekabin gestiegen. Um 7 bin ich mit einem Motorrad an den Fuss den Zwekabin gefahren, der von 2000 ueberlebensgrossen Buddhas bewacht wird. Um 8 habe ich den Pilgerweg, unendlich viele Treppenstufen auf den Gipfel, in Angriff genommen. Nach 5 Minuten hatte ich das Gefuehl, jemand hat einen Eimer Wasser ueber meinen Kopf gekippt ... aber es war ein schoener Weg durhc lichten Wald, immer wieder Blicke auf die umliegenden Karstfelsen und von Zeit zu Zeit diese herrlichen Vogelstimmen. Ich habe das Alleinsein und vor allem die Stille genossen, was die 3 burmesischen Jungs nicht verstanden habe, die irgendwie immer wieder Pause machten und dann um mich rum liefen und mir die Landschaft erklaerten. Ich glaube, die haben es sich zur Aufgabe gemacht, auf mich aufzupassen. Das ist manchmal nicht leicht damit umzugehen. Die meinen es nur total gut und wie will man ihnen klarmachen, dass man alleine sein will? Ich habe es irgendwann probiert, aber danach fuehle ich mich immer so schlecht. Weil ich dann irgendwann eben auch ein bisschen genervt bin und das merken sie dann schon.

 

Nach eindreiviertel Stunden bin ich oben angekommen und habe es genossen, dass mir kein neuer Schweiss mehr am Koerper runterlief. Das frische T-shirt hats nicht gebraucht, denn nachdem das verschwitzte nach einer Stunde getrocknet war, habe ich mich schon gefuehlt wie frisch geduscht.

 

Neben dem fantastischen Weitblick ueber die Kartlandschaft gibts da oben eines der wichtigsten Heiligtuemer - das ist auch der Grund fuer die vielen burmesischen Pilger - eine Pagode mit einem Haar von Buddha sowie ein Kloster mit 3 Moenchen. Es gibt auch einen kleinen Laden und ein kleines Restaurant, die von der Familie betrieben werden, die auch die Moenche und vor allem zu Festivalzeiten die Pilger bekochen und versorgen. Nach dem Mittagessen habe meine Haengematte aufgehaengt. Dann habe ich 2 Stuendchen im Schatten gedoest. Manchmal haben Moenche oder Pilger gesungen, aber das ist wie Schlafliedchen. Am Nachmittg kam ich mit einer jungen Burmesin ins Gespraech, die mit ihrer Mama da hochgepilgert ist. Ihre Mama hat den gaaaanzen Nachmittag hunderte von Kerzen und Raeucherstaebchen gebuendelt, um sie abends nach dem 1-stuendigen Gebet mit den Moenchen oben auf der Pagode unter weiterem Beten und Singen anzuzuenden. Ich wurde eingeladen auch ein paar Raeucherstaebchen anzuenden - als Geschenk an mich. Das war sehr stimmungsvoll.

 

Die Burmesin war sehr clever. Ich habe ihr die Frage gestellt, die ich seit einiger Zeit vielen hier stelle (nicht alle verstehen die Frage): wenn Du fuer einen Tag Praesidentin von Burma waerst, was wuerdest Du fuer Dein Land und seine Menschen aendern? (Ich frage bewusst nicht mehr, was sie als die drei groessten Probleme ansehen, da das ja Kritik waere, und vor allem hier im Sueden spuere ich immer mal wieder, dass sie Angst haben frei zu reden, vor allem, wenn andere drum rum sind). Ich hatte diese Frage auch einem Typ, der fuer die Regierung arbeitet, gestellt und der Idiot hat geantwortet: dafuer sorgen, dass alle Menschen zu Essen, Kleider und ein Dach ueber dem Kopf haben. Ich hab ihm dann gesagt, dass ich das nicht verstehe, weil alle Menschen genau das schon haben. Vielleicht nicht viel, vielleicht nur eine Bambushuette, aber alle haben das. Und genau deshalb hat mich dann die Antwort der 21jaehrigen zu Traenen geruehrt: Umwelt, Bildung und Gesundheitswesen. Und als viertes noch wirtschaftliche Infrastruktur. Es ist wirklich zum heulen. Ich habe ihr gesagt, sie solle in die Politik gehen. Sie sagte, das traut sie sich nicht. Sie traut der Regierung immer noch nicht. Ihre Familie wurde vor 7 Jahren zwangsumgesiedelt und zum Arbeiten in einer Thailaendischen Fabrik verpflichtet (also die Mutter, die vorher als Krankenschwester fuer die Regierung gearbeitet hat). Sie selbst und ihre 3 Geschwister haben es dank ihrer klugen Mutter (der Vater sei zwar "herzensgut, aber ungebildet" - wortwortliches Zitat!) geschaft fuer NGO Organisationen im Grenzgebiet arbeiten zu koenen. Sie selbst wird in ein paar Wochen in Bangkok anfangen zu studieren. Nach dem naechtlichen Gebete und Gesinge (was schon ziemlich auch aberglaeubisch ist) hat sie mich gebeten, Schilder auf Englisch zu schreiben. Die Familie und Moenche sind ueberfordert, weil sie kein Englisch koennen. Und die Touris sind zum Teil schon selten daemlich. Bestehen darauf, dass Paaerchen zusammen schlafen durfen, obwohl sie nur eine Schlafstatt in einem Kloster gewaehrt bekommen. Haengen ihre Unterwaesche dort fuer die Moenche sichtbar zum trocknen auf. Lassen das Wasser laufen. Und und und. Und die Moenche sind so nachsichtig... Am Schluss habe ich neben den Schildern noch einen "Dear Guest" Brief geschrieben.

 

In der Nacht kam ein kuehler Wind auf und ich fing an zu frieren. Weil ich mir nicht ansatzweise vorstellen konnte, dass es hier kuehl ird, habe ich fuer einmal nur meine Decke und nicht das Biwacksaeckchen mitgenommen. De fakto war es auch nicht kalt, aber eben zum Schlafen zu kuehl. Dann ist auch noch die bloede Plastikschnur gerissen (hatte meine Rebschnuere vergessen) und ich sass auf dem Boden.... Hab ich mich halt in die Haengematte eingewickelt und in eine windstille Ecke gelegt...

 

Am Morgen war der ganze Berg nebelverhangen. Und der hat sich erst gegen 11, als ich schon wieder unten war aufgeloest. Auf dem Weg nach unten sind mir viele Pilger entgegengekommen. Alte, Blinde, Opas mit Enkelkind auf dem Arm, Teenis in Jeans und Lederjacke... ein Bild fuer die Goetter.... aehm Buddha...

 

Seit gestern bin ich noch 45 km weiter nach Sueden gefahren. Mawlamyne heisst der Ort. Es wurde immer gruener. Das Staedtchen liegt an 2 Fluessen und ich finds schoen hier. Eigentlich wollte ich heute morgen gemuetlich in Ruhe fruehstuecken. Sass dann auch um viertel vor sieben in einem netten Tearoom.... aber wie immer... "Can I sit at your table...." und das endete dann mit der Bekanntschaft eines Anwalts der privaten Uni hier, der mir dann 2.5 Stunden Seitengaesschen, feine Nudelstaende, sein Haus und seine Familie und den Markt gezeigt hat. Er war so stolz darauf. Und wollte nimmer gehen... Irgendwie hab ich es aber dann doch geschaft ihn hoeflich zu verabschieden... oder mich? Weiss auch nicht... Eiertanz. Ist ja auch immer interessant. Aber irgendwann ist dann auch gut.

Bilder folgen....

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Kommentare: 6
  • #1

    Schweschter (Freitag, 01 März 2013 09:38)

    Du Tuckersch selber mit dem Motorrad rum? Bilder!!!
    Suppe zum Frühstück fand ich in Vietnam auch höchst komisch, ist aber wirklich lecker!
    Hoffentlich hast du keine Denglish Schilder fabriziert ;-)
    Gruß aus lubu vom Frühstück mit Brot und Marmelade!

  • #2

    Ingeborg (Freitag, 01 März 2013 15:55)

    Ich verfolge Deine Reise im Atlas und wir sind von Deinen Erlebnissen begeistert. Danke für die Einblicke in ein für uns unbekanntes Land und Deine Fotos helfen, sich das besser vorstellen zu können. Weiterhin gute Reise Ingeborg und Rudolf

  • #3

    Birke (Freitag, 01 März 2013 16:06)

    Mir scheint, Du wirst von vielen Gebeten und himmlischen Gesängen begleitet, da brauchen wir ja keine Angst mehr um Dich haben...

  • #4

    Susanne (Dienstag, 05 März 2013 18:53)

    Wieder schöööön zu lesen, geniess es weiterhin so toll.

  • #5

    Rebecca (Mittwoch, 06 März 2013 14:42)

    Ja, wo sind die bilder ;-) Unglaubliche Geschichten! Macht so viel spass zu lesen...mehr davon...alles liebe

  • #6

    katinkaintheworld (Mittwoch, 06 März 2013 16:12)

    Hallo Ihr fleissigen Leser und Bildergucker. Bilder ist gerade ein bisschen schwierig, da der Upload nicht so gut funktioniert. Müsst Ihr Euch noch ein paar Tage gedulden. Ich freue mich immer riesig über Eure Kommentare... !