Hanf am Strassenrand und Stutenmilch zum Frühstück

Ankunft in Kirgisistan am Flughafen Bishkek am 25.Juli. Fast hätte ich Martin nicht erkannt, denn er hat jetzt einen Vollbart. Aber so schwäbisch schwätzen tut halt nur einer. Heimat...

 

Bishkek hat anscheinend 1 Million Einwohner. Ich weiss gar nicht, wo die sind. Es laufen ein paar Menschen rum, es fahren kaum Autos auf den Strassen. Und ja, apropos Strassen, nur eine Strasse ist geteert. Die, die mitten durch Bishkek führt. Alles rechts und links nebendran sind Dreckwege mit riesigen Schlaglöchern an deren Strassenrand Hanf und Estragon (oder sonst was gut duftendes) wächst. Die Menschen sehen entweder russisch aus: blond, blauäugig mit Adiletten. Oder chinesisch und uigurisch: die Männer haben Filzhüte auf und die Frauen haben Kopftücher um, die hinten zu einem Knoten gebunden sind.

 

Am nächsten Tag fahren wir zu tadschikischen Botschaft, um das Visum für den Pamir Highway zu beantragen. Auf dem Weg dahin, werden wir von der Polizei angehalten: das Auto sei zu dreckig! Martin kann ein bissle russisch und schafft's irgendwie die Geldstrafe abzuwehren.

Ich kaufe mir noch einen Schlafsack. Bis Minus 30 Grad (Hilfe, auf was hab ich mich da eingelassen ??)

 

Dann fahren wir los Richtung Isyk Köl. Erst gehts vorbei an roten Bergen und roten Autos. Und auf echten Strassen, denn der Isyk Köl ist das Feriendomizil der Bishkeker.

 

Abendessen können wir in der Yurte nebenan. Ich traue meinen Augen nicht als wir eintreten. Was für eine Festtafel! Wir essen bis nichts mehr reinpasst. Doch dann tauch ein Chinese auf. Er will Martin überzeugen, dass er noch was vom Schaf essen soll. Martin versucht ihm klarzumachen, dass er satt ist. Da steht der kleine, dicke Chinese auf, mit seinen dünnen Beinchen in Badehose und zu engem T-Shirt über dem dicken Bauch und sagt "You! Jump!" Und hüpft. Ich kann nicht mehr vor Lachen und Martin ist noch was vom Schaf.

Müde laufen wir zum Auto und freuen uns auf's Bett. Doch an Schlaf ist erstmal nicht zu denken. Das Auto steht zwischenzeitlich in einer dichten Wolken aus Mücken. Diese erobern innert Sekunden den Autoinnenraum. Nach verschiedenen Umpark- und Mücken-Tötungs-Manövern haben wir es geschafft und es sind nur noch unter hundert Mücken im Auto. Und wenn man das Licht ausmacht, hören die auch auf rumzufliegen. Und es sind zum Glück keine Steckmücken. 

 

Der See präsentiert sich am nächsten Morgen in seiner ganzen Schöheit. Am anderen Ufer im Dunst glänzen schneebedeckte Berge. Zum Frühstück werden wir wieder in die Yurte eingeladen und es gibt Stutenmilch zum trinken. Hat 3% Alkohol. Nach einem erfrischenden Bad im See und Umbau des Autos, damit's auch Platz für mich und meine 2 Rucksäcke hat, geht's weiter entlang des Sees.

 

Nächste Station ist ein Petroglyphenfeld. Dort gibt's einige Steinzeichnungen und Balbals (sehr süss), über 2000 Jahre alt. Und man kann sich gut vorstellen, wie die Menschen aus der Stadt, die heute am Grunde des Isyk-Köls liegt, dort oben in der prallen Sonne ihre Opferriten abgehalten haben.

Balbal (und nein, das war keine Kärcher)
Balbal (und nein, das war keine Kärcher)

Nachdem wir uns mit Fisch aus dem See gestärkt haben, fahren wir nach Norden, weg vom See in die Berge und in die Abenddämmerung. An einem idyllischen Plätzchen an einem Fluss finden wir einen Standplatz für's Auto - und schlafen herrlich in der frischen Luft Bergluft und ohne Mücken.

 

Am nächsten Morgen wache ich auf und um das Auto herum grasen Pferde. Ich geniesse das taufrische Gras und die Ruhe. Wir verfaulenzen den ganzen Morgen an diesem schönen Ort und fahren erst gegen Mittag weiter. 

Es wird immer schöner, die Pausen- und Schlafplätzchen immer schöner. Wir können uns kaum entscheiden. Lieber wieder am Fluss oder doch an dem kleinen See weiter vorne....?Wir probieren mal das Fluss. Martin badet dort, aber er hat vergessen das Eintrittsticket zu zahlen. Plötzlich tauchen zwei Männer auf Pferden auf. Mit ihren kleinen Söhnen hintendrauf. Aber die setzen sie ab und schicken sie nach Hause. Und dann reiten sie zu Martin. Und fangen sehr aggressiv an, auf ihn einzureden. Die ganze Situation droht zu eskalieren. Erst, weil ich gar nicht zahlen will, dann weil ich einwillige, die vermeintlichen 4.50 Euro zu zahlen, mir aber einige abfällige Bemerkungen nicht verkneifen kann. Und dann weil Martin beim Zahlen merkt, dass sie nicht 4.50 Euro wollen sondern 45 Euro, die er wiederum auch nicht bereit ist abzudrücken. Naja... wir haben dann am See geschlafen. Dort haben wir frischen Fisch und frisch gebackenes Brot kaufen können. Und es war noch friedlicher als am Fluss. Nur einmal hat ein Pferd in der Nacht gewiehrt. 

Jetzt sind wir in Karakol. Das Städtchen gefällt mir sehr gut. Überall kleine, hübsche Häusle mit bunten Fensterläden und hübschen Blumen davor. Die Leute sind total nett. Ich habe nicht das Gefühl in einer Stadt mit 270'000 Einwohnern zu sein, sondern irgendwo in einem Dorf. Und die Berge stehen direkt hinter der Stadt. Jetzt müssen wir uns nur noch entscheiden, welchen wir erklimmen wollen.

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Kommentare: 6
  • #1

    pp (Freitag, 02 August 2013 12:41)

    nicht schlecht die festtafel. .. und wie in echten deutschen wohnzimmern die röhrenden hirsche zur verzierung an der wand.
    was heisst da schwäbisch schwätzen tut halt nur einer?? übrigends die spätzle fehlen auf der festtafel und der kartoffelsalat auch

  • #2

    pp (Freitag, 02 August 2013 12:57)

    habt ihr nun 4.50 oder 45 bezahlt oder wie ging das aus

  • #3

    Schweschter (Freitag, 02 August 2013 14:41)

    Lieber nicht mit den Kirgisen anlegen! Reicht wenn Marci Marc sich hier mit Schwaben anlegt und fast prügelt ;-)

  • #4

    katinkaintheworld (Freitag, 02 August 2013 17:48)

    Also weisch, wenn Du jetzt Net von Sätze ond Kartoffel Salat angfangen hättsch, dann wär des no weit weg gwää...

  • #5

    katinkaintheworld (Freitag, 02 August 2013 17:53)

    Und mit den Typen aufm Pferd...ich glaub ja, die hatten irgendwann mitleid mit Martin, dass der so a Beiszang dabei hat. Weil irgendwann haben die ihn noch 2 mal die Hand geschüttelt und sind ab. Aber um ehrlich zu sein, wir sind nur deshalb ab den See, weil wir Schiss hatten, dass die nachts nochmal zurück kommen. Womöglich angetrunken. Naja...ich werd nie mehr rumzikken hier. Schnauze halten und zahlen. Wir sind anscheinend tief im wilden Osten. Traurig aber wahr.

  • #6

    katinkaintheworld (Freitag, 02 August 2013 17:56)

    Nachtrag...also eigentlich sind hier alle voll nett. Si richtig. Aber mit Polizisten und pseudo Polizisten...Nicht spassig. Und die sind stärker. Auch wenn die Einheimischen gesagt haben, wir sollen uns nicht einschüchtern lassen und nicht zahlen. Die sind stärker. Also...ich übe mich weiter in Demut. China war nur der Anfang. Und harmlos.