Gebetsmühlen, Manimauern und Buttertee

Von Litang ging's weiter nach Tagong. Ein kleines, fürchterlich staubiges, aber irgendwie sympathisches Städtchen auf 3800m. Zentrum ist ein altes Kloster mit 108 Gebetsmühlen drum herum. Ich laufe mit den alten Tibertern die Kora und stosse alle 108 an. 108 Gedanken an all die Menschen, die in meinem Kopf drehen. Wenn ich stark genug stosse, bimmelt ein Glöckchen. Am Ende tut mir der Arm weh. Die alten Frauen tun so als sei nichts und murmeln unablässig ihre Mantras.

 

Ich geniesse ein paar friedliche Tage in einem schönen Guesthouse. Nebenan gibt's ein gemütliches Café mit gutem Café und Brownes. Und abends kochen die mir heisse Schokolade mit Rum.

Dann laufe ich mit 4 anderen in die Blumensteppe. Manchmal muss ich mich von ihnen absetzen. Zu schön um es es nicht in aller Stille zu geniessen.

Wir schlafen im Haus von Halbnomaden. Ein kleines Haus. Man kommt unten rein und es empfängt einen säuerlicher Geruch. Eine Holztreppe führt ins Wohngeschoss und hier riecht es nach Feuer und die Russpartikel stehen förmlich in der Luft. Dafür ist es warm. Die Fenster sind aus dicker, gelber, kaum durchsichtiger Plastikfolie. Öffnen kann man sie nicht. In dem einen Raum ist die Küche und der Wohnraum und die Schlafstätte. Wir fragen uns, wo die Matten und Decken sind. Warten aber bei salzig schmeckendem Buttertee geduldig ab. Im Haus leben Ani Drolma, ihre Tocjter und 4 Enkelsöhne. Der Kleinste ist 10 Monate, der Älteste 16. Alle kümmern sich rührend um den Kleinsten, der gerade fremdelt. Dann wird Nudelteig zubereitet und frische Nudeln gekocht. Angefeuert wird mit Strauchholz und Yak-Dung. Der klebt übriges auch an der gesamten Innenwand als Isolationsmaterial. Wir essen gemeinsam. Unterhaltung findet nur nonverbal statt. NAch dem essen traben wir 6 Eindringlinge an den Fluss und waschen uns. Zurück stehen die Schlafstätten bereit. Jeweils 2 schlafen auf 1.20 breiten Decken. Das ist eng und hart. Noch härter ist, dass immer noch der Fernseher läuft und das Mantra aus dem Transistor Radio scheppert. Ani Drolma scheint das nicht zu stören. Sie schnarcht schon, während der 2jüngste sich nackt neben sie kuschelt. Der jüngste fängt gerade an sein Geschäft zu verrichten. Ein Teil landet auf dem Holzfussboden, der Rest in einem Bottich, der aber nicht geleert wird. WIr bitten vorsichtig, dass man das Transistorradio ausmacht. Es scheint fast so, als ob wir die ersten sind, die darum bitten, denn sie wissen gar nicht wie man es ausschaltet. Wir schon.

Die ganze Nacht durch schreit das Baby. Ani Drolma schimpft zwischendurch, dorch dann schnarcht sie weiter. Gerädert und mit Magenkrämpfe suche ich um 5 draussen frische Luft. Die Suppe war gut, aber eben Flusswasser in einem riesigen Topf und es hat nicht gekocht. Noch vor Sonnenaufgang dünge ich dreimal die herrliche Blumensteppe. Als ich zurückkomme sattelt Ani Drolma das Pferd und zusammen mit dem 2jüngsten reiten sie der Sonne entgegen und zu ihren Yaks. Zum Frühstück gibts gerösteten Gerstenbrei. Ich lehne dankend ab, die anderen essen höflich.

Ziemlich geschwächt schnaufe ich nochmal 400 Höhenmeter mit den anderen einen Hügel hoch, dann verabschiede ich mich und mache mich langsam auf den Rückweg. Und hänge meinen Gedanken über das Leben von Ani Drolma und Ihrer Familie nach.

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Kommentare: 1
  • #1

    Schweschter (Freitag, 02 August 2013 14:29)

    Das kann ich mir vorstellen, wie Du da der Familie noch weitere Gedanken schenkst. Toll, dass Du das erleben durftest!