Dem Himmel, der Erde und den Menschen ganz nah

Himmelsbestattung... das hört sich irgendwie schön an. Doch erst als ich aus dem Taxi steige, das mich und zwei andre Traveller zu dem spirituellen Platz gebracht hat, realisiere ich, auf was ich mich da einlasse. Mein Herz schlägt schneller, nicht nur wegen der Höhe.

Der Platz liegt in den Bergen oberhalb von Litang. Sanfte Hügel mit Gebetsfahnen umrahmen die Ebene. In der Mitte stehen zwei Öfen und dazwischen ein Altar mit einem Gebetsstein. Einer der Öfen raucht. Später erfahre ich, dass darin Tsampa, eine tibetische Weizenart verbrannt wird, um die Geier anzulocken. Eine kleine Gruppe Khampa-Männer sitzt dort um ein Feuer und wärmt sich die Hände.

 

Wir kommen uns fehl am Platz vor. Warten. Fangen an, leise über unsere Erfahrungen mit Toten zu reden. Es nieselt. Warten. Schweigen. Plötzlich stehen die Männer auf und laufen auf die kleine Hütte neben den Öfen zu. Einer winkt uns zu, wir sollen auch kommen. In der Hütte brennt ein Feuer. Ein Mann liegt auf einer Steinbank, zugedeckt, rauchend. Wir sollen uns ums Feuer setzen. Was ist das für ein Mann? Ist er krank? Ist er der, der die Zeremonie vornimmt und hier am Feuer unter den Yakdecken seine Energien sammelt? Beklemmung. Er fängt an, mit uns zu reden. Einmal mehr freue ich mich über meine paar Broken Chinesisch. Ob wir den Dalai Lama kennen? Er ist in Dharamsalam. Sie verehren ihn. Wo wir herkommen. Ob wir fotografieren wollen. Ja, wir dürfen fotografieren (will ich das?). Er ist tatsächlich der, der nachher die harte Arbeit verrichten wird. Er steht auf, verschwindet. Die anderen Männer auch. Sie laufen auf einen Hügel. Gebannt bleiben wir vor der Hütte stehen. Verfolgen, was passiert. Ein Jeep fährt heran. Ein Mönch und zwei weitere Männer steigen aus und sie laufen auf einen gegenüberliegenden, naheliegenden Hügel. Das heisst, die beiden Männer sind Anghörige des Toten, die die Zermonie mit Abstand verfolgen werden. Plötzlich taucht ein Mann mit einer Gesichtsmaske auf. Es ist der von der Steinbank. Er läuft zu den Männern auf dem Hügel. Nun erst sehen wir den grossen, weissen Plastiksack, der da liegt. Darin ist die Leiche. Sie packen sie aus und

der Meister beginnt die Leiche zu bearbeiten. Und keine 30 Sekunden später tauchen sie auf. Riesig, lautlos. Erst einer, dann noch einer, noch einer. Am Schluss schweben um die 20 Geier über uns. Sie setzen sich mit gebührendem Abstand neben die Leiche und warten. Warten. Dann treten alle Mäner zurück. Und die Geier übernehmen die Leiche.

 

Gebannt. Ruhig. Alles ist ganz natürlich. Nichts ekelt mich. Der menschliche Körper wird der Natur zurück gegeben. Sein Geist wurde schon vor 4 Tagen befreit und an das Zwischenreich übergeben. Nun fliegt er dahin. Zurück zu uns in anderer Gestalt oder ins Nirwana. Wir wissen es nicht.

 

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Kommentare: 6
  • #1

    pp (Sonntag, 14 Juli 2013 11:34)

    da hast du etwas ganz besonderes hautnah miterlebt. beindruckend diese himmelsbestattung der völker die noch im einklang und den rhytmen mit der natur leben. in anatolien hat man entdeckt dass diese methode schon vor 8000 jahren praktiziert wurde. nicht unsympatisch dieser ritus

  • #2

    pp (Sonntag, 14 Juli 2013 11:46)

    das waren vermutlich
    Schneegeier oder Himalayageier (Gyps himalayensis)

  • #3

    pp (Sonntag, 14 Juli 2013 11:49)

    auch über mir und peter holzer sind in andalusien bei einer bergwanderung diese phantastischen segler gekreist. na ja bei zusammen fast 150 jahren wird man schon mal neugierig

  • #4

    katinkaintheworld (Mittwoch, 17 Juli 2013 09:09)

    Also echt... ihr mögt ja unter Männern gewesen sei und gemuffelt haben, aber modrig seid ihr ja bei Leibe nicht...

  • #5

    Karin (Mittwoch, 17 Juli 2013 21:12)

    .....aber Katrin, mit Ice-breaker muffelt man doch nicht.....

  • #6

    katinkaintheworld (Donnerstag, 18 Juli 2013 00:39)

    ;-)