"Each Lama has its own religion; each valley its own language."

Die Reise vom gemütlichen Shaxi zur gewaltigen Tigersprung Schlucht bringt mich nach Qiatou in Janes Tibetean Guesthouse. Ein verwinkeltes, uriges Plätzchen, das bei meiner Ankunft am späten Nachmittag schon entspannt im Schatten liegt. Ich nehme mir für 2.60 Euro ein Bett im Dormitory mit weiteren 12 Betten, von denen aber nur meines belegt ist. Ausser mir ist noch das sympatische, französische Pärchen im Hostel, denen ich seit Dali immer wieder begegne. Die sind mit ihrem Fahrrad auf dem Weg von Vietnam nach Frankreich.

 

Am Morgen starte ich zusamen mit Never & Krishan, Vater & Sohn aus London. Bald kommen die ersten Bauern, die uns ihre Pferde anbieten, was ich selbstverständlich dankend ablehne. Ich will die beiden Engländer gerade fragen, wer ausser Chinesen so ein Pferd in Anspruch nimmt, als Never nach dem Preis des Pferdes fragt und dann auch enes nimmt - legitim, denn immerhin befinden wir uns auf dem alten Tea-and-Horse-Trail. Erst gegen halb neun schaffen es die ersten Sonnenstrahlen über den Grat des Jade-Drachen-Bergs und durch die Wolken, was zu einem phänomenalen Spektakel führt. Zum ersten Mal sehe ich den Jangtse von oben und kann nur erahnen was passiert, wenn man diesen Fluss in enges Korsett zwängt. 

Die Tigersprungschlucht ist ein Teilabschnitt des Jangtse. Der Jangtse ist einer der drei Parallelflüsse. Das Drei-Parallel-Fluss-Gebiet ist Nationalpark und UNESCO-Welterbestätte. Hier fließen drei der größten asiatischen Flüsse – der Jangtse, der Mekong und der Saluen – nahezu parallel und von hohen Bergketten voneinander getrennt nebeneinander her. Die Tigerspruchschlucht misst von der Wasseroberfläche bis zum höchsten Gipfel 3900 m Tiefe. Im Westen thront der Haba-Schneeberg mit fast 5400 müM und im Osten der Jade-Drachenberg mit rund 5600 müM.

 

Der Weg schlängelt sich an der Westflanke entlang. Ich fühle mich seit langem wieder sehr befreit. Ein kleiner Weg, holprig und staubig. Abolute Ruhe. Ich höre den Wind. Und ein fantastisches Panorama begleitet mich unermüdlich. Um 9 schüttel ich die anderen Wanderer ab, denn ich frühstücke auf einem Königsplätzchen. Gestärkt geht es weiter und bald wechselt die Vegetation von Sträuchern zu lichtem Nadel- und Laubwald. Ich weiss nicht genau, was da so alles wächst, aber es sind wohl Pinien, Eichen, Eukalytus, Bambus, Eiben...

Der anstrengendste Teil sind die berüchtigten 28 Kurven. Keine Ahnung, wer auf die Zahl kam. Ich jedenfalls nicht. Ich schwitze mal wieder so richtig und am höchsten Punkt geniesse ich den Ausblick. Von dort windet sich der Weg in der immer heisser werdenden Mittagssone nach unten und ich bin froh, so um 2 Uhr am Tea-and-Horse-Guesthouse anzukommen. Ich esse zu Mittag und dann mach ich ein ausgedehntes Mittagsschläfchen. Um 5 setze ich mich auf die Terasse, lese und schaue zwischendurch immer wieder auf das gewaltige Felsmassiv des Jade-Drachen-Berges, der gegen 8 Uhr in sanftes Sonnenuntergangslicht getaucht wird.

Um 6 Uhr in der Früh am nächsten Tag bin ich wieder auf den Beinen. Es ist hier ein bisschen wie im Tessin, die Häuser sind aus kleinen Natursteinen in den Hang gebaut. Und die Menschen ein bisschen verschlafen. Die Vegetation des zweiten Tages ist anders, als am ersten Tag, eher ein wüstenhafter Vegetationstyp aus Sträuchern. Doch an beiden Tag wachsen links und rechts des Weges immer wieder hübsche, kleine Blümchen.

Um halb zwölf bin ich für eine kurze Pause im Schatten in Tinas Guesthouse, von wo es dann happige, steile 300 hm in die Tiefe zum Tigersprungfelsen geht (und ich habe immerhin schon 600 hm in den Knochen heute). Es wird mit jeder Stufe lauter und unten angekommen befinde ich mich in einem immensen Energiefeld. 70'000 m3 Wasser fliessen da pro Sekunde an mir vorbei. Es ist kaum auszuhalten und gleichzeitig hält mich eine unsichtbare Hand magisch am Ufer auf einem Felsen fest. Ich bin allein - ganz mit und bei mir.

Nach einer Stunde Rast geht's weiter Richtung Walnussgarten. Der Weg verläuft erst mitten im Fels und steigt langsam an auf eine ehemalige Flussterasse, die mit Farnen und feinblättrigen Bäumen sanft begrünt ist. Alles ist sanft hier und ich sauge die Schönheit der Natur in mir auf. Der Jangtse verliert hier an Gewalt, weil sich das Steinkorsett langsam lockert. 

Die Schlucht ist nicht mehr so eng und alsbald taucht der Walnussgarten mit seinen hübschen Steinhäusschen auf. Im Chateaux de Wood (!) lasse ich den Abend und diese wunderschönen 2 Tage ausklingen.

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Kommentare: 1
  • #1

    Schweschter (Montag, 01 Juli 2013 20:19)

    WOW! Das scheint ein ganz besonders schöner Abschnitt Deiner Reise zu sein! Heute ist der 2. Juli - dein Blog könnte also bald mal wieder weitergehen ;-))