Die grosse Schultüte oder Kung Fu im Tee

4 Wochen sind verflogen und ich habe ununterbrochen gelernt ...

... Chinesisch. So viel, dass ich mich verständigen kann. Ganz ohne Hände und Füsse und Vokabelbuch gehts noch nicht, aber es geht. Wenn ich die Antwort dann verstehe und glückselig lächle, geht der Preis schon mal ein drittel runter, ohne dass ich was sage. Wenn ich dann nicht gleich reagiere und im Kopf meine Wörter zusammen suche, geht er nochmal ein drittel runter. Und wenn ich dann sage, dass es immer noch zu teuer ist, nähern wir uns einer Einigung. Und so habe ich, ohne es zu merken auch noch eine ausserordentlich wirkungsvolle Verhandlungtaktik gelernt.

 

... , dass dieses Manöver manchmal gar nicht funktioniert. Zum Beispiel, wenn ich über Ausländer-Ticketpreise diskutieren will. Sie verstehen mich sogar. Und ich verstehe sie dann auch, wenn sie hinter meinem Rücken lachen. Da hilft nur eins, nicht fragen was es kostet, sondern gucken, was die einheimischen zahlen, das Geld abgezählt hinhalten. Wenn sie dann mosern, verstehe ich sie nicht.

 

... einfache Sätze zu bauen. Mit wenig Worten auszukommen. Das fällt mir nicht immer leicht, im Kopf sind 20 deutsche Worte und am Ende muss ich irgendeines der 200 Wörter benutzen, die ich kenne. Das macht tatsächlich Spass. Das Zeichen für Damentoilette ist übrigrns sehr lustig. Es sieht soaus, wie kleine Mädchen, wenn sie dringend aufs Klo müssen. Einfach, nicht?!

 

... , dass Chinesen nicht fahren können. Gar nicht. Weder Auto, noch Bus, noch Lastwagen, noch Fahrrad. Sie wissen nicht, wofür man Gaspedal und Bremse braucht. Sie schaffen es irgendwie das Auto zum Rollen zu bringen. Und dann rollt es. Komme was wolle. Zum Glück meist langsam. Aber so etwas wie Geschwindigkeiten anderer Verkehrteilnehmer (z. B. deutsche Fahrradfahrerin) einzuschätzen oder ein bisschen zuvorkommend zu agieren, das kennen oder können sie nicht. Ich habe daher auch gelernt, beim Fahrradfahren immer laut zu fluchen . Auf Deutsch. Und zwar volle Kanne in offene Fenster rein. Das hilft ungemein um Aggressionen abzubauen.

 

... , dass man mit 27 verheiratet sein sollte, Mann und Frau sich dann vorzugsweise an verschiedenen Orten einen Job suchen, man die Kinder den Grosseltern übergibt und die Familie nur am Wochenende zusammenkommt.

... , dass die Chinesen sich nicht nur in Grindelwald masslos lächerlichen, aber ausgedehnten Foto-Orgien hingeben sondern auch in ihrem eigenen Land. Eigentlich noch viel skuriler. Man fährt an extra dafür deklarierte, beschriebene und vorgesehene Plätze, wo Verkleidungskostüme bereitstehen, dann verkleidet man sich und posiert. Sehr unterhaltsam. An diesen Plätzen wimmelt es von Menschen. Unvorstellbar. Und keine 100 m weiter rechts oder links oder oben, ist man dann wieder fast alleine. 

Unkostümierte (!) Touristinnen auf dem Yulong-Fluss
Unkostümierte (!) Touristinnen auf dem Yulong-Fluss
Unkostümierte (!) Touristin auf dem Yulong River
Unkostümierte (!) Touristin auf dem Yulong River

... feingrätigen Fisch, Schnecken und Nudelsuppe mit Stäbchen zu essen. Letztere trinkt man, wenn die Nudeln weg sind. Und ich weiss jetzt, dass mir Schweinohren nicht schmecken. Knusprig hin oder her. Und ich habe auch gelernt, dass es ausserordentlich praktisch ist, über die Stofftischdecke eine ganz dünne Plastikfolie zu legen. Denn man spukt während des Essen viel aus. Direkt auf den Tisch. Und am Ende wird einfach alles mitsamt der Plastikfolie eingemüllt.

Früh übt sich
Früh übt sich

... , dass ich keine Ahnung vom Teetrinken habe. Ich schmecke die Preissunterschiede nicht. Aber die Tees mag ich. Und Tee bereitet man mit Kung Fu zu. Man muss eben genausoviel Anstregung in einen Tee stecken, wie in gutes Kung Fu. Das fängt an beim Teeanbau und geht eben bis hin zum Zubereiten eines kleinen Tässchen Tees.

Grünteeplantage bei Yangshuo
Grünteeplantage bei Yangshuo
Pur-Erh Tee bevor er aufgegossen wird
Pur-Erh Tee bevor er aufgegossen wird

... die 18er Form Tai Chi, Cheng Stil. Nicht das ich damit fertig wäre, aber ich kann nun alleine üben (und ja Birke, ich kann stehen wie eine Birke ;-)). Ich habe eine neue Atemtechnik gelernt und kann nun atmen wie ein Blasebalg.

 

... dass es viele, viele, viele, viele, viele Chinesen gibt. Ich frag mich immer wieder, wo die alle herkommen. Meist sind es so viele auf einmal, dass ich aufpassen muss, dass die mich nicht umrennen. Denn die kennen da nix, wenn es darum geht in den Bus ein- oder auszusteigen, einen Photoplatz zu ergattern oder als erster an der Kasse bezahlen zu dürfen (die können es locker mit den Indern aufnehmen, was Drängel-Kunst anbegeht). Aber es gibt auch sehr nette und lustige Chinesen. Meine Chinesisch Lehrerinnen waren ausnahmlos richtig cool. Mein Tai Chi Lehrer ist ein sehr feiner Mensch. Das Päärchen aus meinem Lieblingscafe ... haben sich jeden Tag gefreut, wenn ich kam... die Frau auf die Strasse, die mir einfach so Pipa geschenkt hat...

 

... Chinesen einfach überall schlafen können

Strassenleben in Baisha
Strassenleben in Baisha
Rattengiftverkäufer in Baisha
Rattengiftverkäufer in Baisha

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Kommentare: 5
  • #1

    Claudia (Montag, 27 Mai 2013 08:13)

    So schön, dich auch mal wieder zu sehen :-)

  • #2

    pp (Montag, 27 Mai 2013 09:49)

    iiih der hat ja die toten ratten zur demonstration dass sein gift hilft.
    你好好保重 爸爸

  • #3

    katinkaintheworld (Montag, 27 Mai 2013 13:20)

    Liebe Claudia... ich kenne 3 Claudia, welche bist du? Ich vermute die Stadlersche?

  • #4

    katinkaintheworld (Montag, 27 Mai 2013 13:22)

    @ Papa, ekelig gell?! Ich dachte auch ich seh nicht recht. Aber es freut mich natürlich, wenn man diese Details ohne Hinweis findet ;-)

  • #5

    birke (Freitag, 31 Mai 2013 07:15)

    Schön, dann stehen wir zusammen wie eine Birke...